"Eine Zivilisation
der Liebe aufbauen"
Zu seiner ersten
persönlichen Kontaktaufnahme mit seiner Partnergemeinde reiste der
Bischof der Diözese Kaya, Thomas Kabore, aus Burkina Faso auf seiner
Europa-"Good-Will-Tour" auch nach Vilsbiburg. Hauptintention
seines Aufenthaltes war eine persönliche Begegnung mit Stadtpfarrer
Siegfried Heilmer, den Verantwortlichen des Missionkreises, den Vertretern
des Pfarrgemeinderates, der kirchlichen Verbände und der ganzen
Pfarrgemeinde.
.In den Eucharistiefeiem
mit den Pfarrangehörigen unterstrich der Bischof die Universalität der
Katholischen Kirche und stellte den gemeinsamen Glauben der Christen rund
um den Erdball in den Mittelpunkt seiner Predigten. Er dankte Gott, so
Thomas Kabore, dass er die Gelegenheit habe, zur Pfarrgemeinde zu
sprechen. Bei seiner Teilnahme am internationalen Weltjugendtreff in Rom
erlebte er die Gemeinschaft der Weltkirche. Der begeisterte Glaube der
Christen unterschiedlichster Kulturen und Nationen beeindruckte ihn tief.
"Voll Staunen sind wir
Afrikaner auch über die Perfektion in Europa und besonders in
Deutschland, über die gute Funktion des Staatswesens, der Wirtschaft und
des gesellschaftlichen Lebens. Beeindruckend finden wir auch das gut
ausgebaute Autobahnnetz und die hell erleuchteten Städte und Ortschaften.
Wir haben den Eindruck, in diesem Land ist alles fertig, es gibt nichts
mehr daran zu tun" 'Natürlich weiß der Bischof auch, dass die
Menschen hierzulande Probleme haben, seien es soziale, gesellschaftliche
oder persönliche. Trotz der wunderbaren Ordnung des Landes seien viele
unglücklich und einsam, bemerkte der Bischof. Anschließend ging er
auf die schwerwiegenden Probleme seiner Landsleute in Burkina Faso ein. In
seinem Land, das zu den ärmsten der Erde zählt, seien die Menschen nicht
in der Lage, ihre elementarsten Grundbedürfnisse wie Nahrung,
Trinkwasser, Gesundheitsfürsorge und Bildung sicherzustellen.
Ungerechtigkeit im
Staatssystem, Unwissenheit und Analphabetentum unterbinden jeden
Fortschritt. Der Bischof zitierte das Sonntagsevangelium, das sich an Arme
und Reiche wendet: "Ungerechtigkeit, Gewalt, Leid und Unglück kommen
aus dem Fehlverhalten der Menschen". Die gute Nachricht des
Evangeliums sei, dass Jesus die Herzen der Menschen heil machen könne und
sie befähige, Armut, Ungerechtigkeit und Leid zu überwinden und eine
neue Welt aufzubauen. Deshalb bleibe auch der Appell des Papstes an die
Jugend der Welt: "Baut eine Zivilisation der Liebe auf", kein
Traum.
Diese Zivilisation der
Liebe habe sich auch die Pfarrgemeinde Vilsbiburg mit der begonnenen
Partnerschaft mit Korsimoogo zum Ziel gesetzt. Er sei sehr dankbar, dass
die Pfarrgemeinde dieses im Aufbau befindliche neue Pfarrzentrum
finanziell und ideell begleiten werde. "Weil Sie einen so starken
Glauben haben, fühlen Sie sich für uns verantwortlich. Deshalb danke ich
Ihnen im Namen der Menschen Korsimoogos für Ihren Glauben und Ihre
konkrete Hilfe". Damit schloss der Bischof seine Predigten, die er in
französischer Sprache hielt und die Heidrun Göttler von Missio München
übersetzte.
Stadtpfarrer Heilmer
versicherte dem Bischof, dass der bestehende Kontakt zur Kirche Kayas und
Korsimoogos weiter gepflegt und ausgebaut werde und dass die Pfarrgemeinde
auch in Zukunft ihre Hilfe anbiete. "Diese Partnerschaft soll keine
Einbahnstraße sein, sondern ein gegenseitiger Austausch auf pastoraler
und kultureller Ebene, der beide Seiten bereichern wird".
Am Samstag Abend trafen
sich die Vertreter der Pfarrgemeinde, des Missionskreises und der
kirchlichen Verbände zum Informations- und Austauschgespräch mit dem
Bischof. Stadtpfarrer Heilmer gab dem Gast zu Beginn einen Überblick
über die Pfarrei, ihre Struktur, ihre Verbände und deren Ziele. Heidrun
Göttler und der Vilsbiburger Theologe Reinhard Röhrner übersetzten
gemeinsam die vielen Fragen, die an den Gast aus Schwarzafrika gestellt
wurden. Der Bischof berichtete alles Wissenswerte über seine Diözese und
besonders über das künftige Pfarrzentrum Korsimoogo.
Genau vor 100 Jahren haben
"Weiße Väter" als erste Missionare das Evangelium nach
Obervolta, dem jetzigen Burkina Faso gebracht. In dieser geschichtlich
gesehen kurzen Zeitspanne habe sich eine blühende Kirche entwickelt. Die
Diözese Kaya wurde 1969 gegründet, Thomas Kabore ist der dritte
Repräsentant auf dem Bischofsstuhl. Er wirkte viele Jahre als
Professor und Direktor des Kleinen Seminars in Pabré und war zuletzt
Seelsorger einer großen Pfarrei. Erst vor einem Jahr übernahm er das
Bischofsamt, nachdem sein Vorgänger tödlich verunglückte. In der
Diözese Kaya leben 636 000 Menschen, davon bekennen sich 360 000 zu den
Naturreligionen, 250 000 zum Islam, 48 700, zum Katholischen Glauben und
9900 Erwachsene (Katechumenen) bereiten sich auf die Taufe vor. In den
sechs Pfarreien der Diözese arbeiten 30 Priester. Dieses Jahr werden noch
sechs Neupriester geweiht. Eine große Stütze für die Gemeindepastoral
sind die 228 Katechisten, die mit den Christen in den Dörfern leben und
sie betreuen.
Auf die Frage, warum sich
die Kirche Burkina Fasos so dynamisch entwickle, antwortet der Bischof:
die Menschen würden sich von der Kirche ganz angenommen wissen. Die
Gemeinschaft spiele bei den Burkinabé eine große Rolle. Die Kirche
achte aber auch darauf, für den ganzen Menschen Verantwortung zu über-
nehmen. Außerdem helfen sich die Christen gegenseitig und erinnern sehr
oft an das Verhalten der Urchristen. Nur 30 Prozent der Kinder Burkina
Fasos gehen zur Schule. Vor 20 Jahren habe der Staat die kirchlichen
Schulen enteignet, jetzt gebe er sie aus Mangel an finanziellen Mittelp
der Kirche wieder zurück. Noch immer müssten die Eltern Schulgeld
bezahlen, das sich leider nur Privilegierte leisten könnten.
Kindergärten gebe es nur in den Städten, die Dörfer seien noch sehr
vernachlässigt.
Ein großes
Defizit für die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Landes sei der
Mangel an Facharbeitern und Technikern. Deshalb setzt sich der Bischof
für den Bau einer Hochschule für "Technisches Bauwesen" ein.
Er besuchte auf seiner Reise die französische Diözese Nimes, die ihn
beim Ausbau des kirchlichen Schulwesens unterstützen will. Dringend
würden auch Spezialisten für Solarenergie benötigt, die afrikanische
Handwerker anlernen würden. Hierfür wird sich der Bischof in Deutschland
bei verschiedenen Institutionen bemühen.
Bischof Kabor6 war sehr
beein- druckt von der Leistung der Vilsbiburger Pfarrgemeinde und von den
Menschen, die sich so für sein Land engagieren. Er werde in seiner Heimat
genau darüber berichten und seinen Christen von den neuen Freunden in
Vilsbiburg erzählen. Herzlich lud er die Anwesenden ein, in seine
Diözese zu kommen und die Menschen Korsimoogos kennenzulernen.
Stadtpfarrer Heilmer gab dem Gast Messstipendien für seine Priester und
Missionskreisvorsitzender Konrad Berger eine Spende des Missionskreises
mit auf den Weg. -mb-
(Vilsbiburger
Zeitung v. 6.9.2000)
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