Kirchliche Riten um Tod und Trauer

Unsere Vorfahren konnten besser mit dem
Sterben und dem Tod umgehen

 

Neben einer großen Zuhörerrunde konnte Dekan Pfarrer Walter Schnellberger vor einigen Tagen Dr. Wolfgang Holzschuh im Pfarrheim St. Josef begrüßen. Der Einladung zum Vortrag "Die Riten der Kirche als Hilfe beim Abschiednehmen" waren nicht nur Priester und pastorale Mitarbeiter des Dekanat gefolgt, es waren auch viele interessierte Pfarrangehörige gekommen.

Die Dekanatskonferenz hatte sich bereits im Juni mit dem Thema "Die kirchliche Begräbnisfeier" eingehend beschäftigt. Es ging vor allem darum, wie in Zukunft die Feier der Urnenbestattung möglichst einheitlich, auch mit den Nachbardekanaten, vollzogen werden kann. Dazu sollte der Experte auf diesem Gebiet, Dr. Wolfgang Holzschuh angehört werden.

 

Der Tod eines nahestehenden Angehörigen ist eine der schmerzhaftesten Erfahrungen die ein Mensch erleben muss, trotzdem begann Dr. Holzschuh seinen Vortrag mit einer Karikatur. "Der Tod klopft an die Tür, diese wird einen Spalt geöffnet und eine Frau sagt: Nein danke, wir sterben nicht". Der Referent bezeichnete diese Einstellung als natürliche Abwehrhaltung. Der Mensch hat Angst vor dem Tod, er weiß um seine Befristung und um diese Angst zu bändigen braucht man Riten - als Gehilfen der Seele, gleichsam wie ein Geländer zum Festhalten.

In unseren ländlichen Gegenden sind diese Rituale noch fest verwurzelt, man kann mit dem Tod umgehen. Dieses Umgehen findet man je nach kulturellem, religiösem Hintergrund auch bei anderen Völkern. Polynesische Kulte suchen Distanz - die Verstorbenen werden mehrfach umgebettet bis sie schließlich einen schwer zugänglichen Ruheplatz erhalten. Dann können sich die Lebenden ohne Angst und Schuldgefühl von ihnen abwenden. Ganz anders in manchen Gegenden Afrikas, hier wohnen die Toten in der Hütte der Ahnen weiter bei den Lebenden, sind als gute Geister und Ratgeber präsent und wachen über die Normen der Gruppe.

 

Nach dieser allgemeinen Einführung ging Dr. Holzschuh näher auf das eigentliche Beerdigungsritual ein. Das Absenken des Sarges, in Vilsbiburg seit einiger Zeit wieder üblich, zeichnet symbolisch den Weg zurück zur Erde - hin zum ewigen Leben. Dieser Ritus fehlt bei einer Urnenbeisetzung in einer Urnenwand.  Im Christentum wurde die Feuerbestattung jahrhundertelang abgelehnt. Der Grund ist in einem wörtlichen Verständnis der Auferstehung der Toten zu suchen, der vom Feuer zerstörte Körper steht dazu im Wiederspruch. Die Erdbestattung orientiert sich an der Grablegung Jesus Christus. Deshalb sollte die Urne ebenso wie der Sarg in die Erde versenkt werden - in den Gottesacker wie der Friedhof auch genannt wird. Dieses sichtbare Ritual nimmt die Angst vor dem Schicksal des Toten und vor dem eigenen Tod.  Der Verstorbene bekommt durch die Beerdigung eine neue Identität zugesprochen, dadurch wird die Annahme der Realität des Todes erleichtert, der Hinterbliebene darf öffentlichen Zuspruch, Hilfe und Rücksichtnahme annehmen. Es entsteht eine Gemeinschaft zwischen dem Verstorbenen den Hinterbliebenen und den Umstehenden und das alles in Solidarität mit Gott und der christlichen Gemeinde. Dazu kommen die äußeren Zeichen, das Besprengen des Sarges mit Weihwasser als Tauferinnerung, Blumen als Zeichen der Hoffnung und Kränze als Ewigkeitssymbol.

 

Der Übergang vom 20. zum 21. Jahrhundert brachte eine zunehmende Entritualisierung im Umgang mit Tod und Trauer. Tote sind heute unsichtbar. Früher wussten die Menschen was zu tun ist, wenn jemand stirbt. Sterbekreuz, Sterbekerze, Weihwasser und Rosenkranz waren in jedem Haushalt zu finden. Der Tote wurde in der Wohnstube oder dem Hausflur aufgebahrt und diese häusliche Aufbahrung ermöglichte die selbstverständliche und unmittelbare Begegnung mit dem Toten. Die heutigen Wohnverhältnisse erlauben diese Form der Aufbahrung und Verabschiedung oft nicht mehr, das neue Trauerhaus in Vilsbiburg füllt genau diese Lücke. In der symbolischen Umarmung durch das Kreuz im Abschiedsraum wird der Tote und mit ihm die trauerndem Angehörigen von Christus umfangen.

 

Bei der bisher praktizierten Form der Urnenbestattung fehlen viele dieser tröstlichen Rituale. In Absprache mit den Seelsorgern soll dafür gesorgt werden, das es zukünftig immer die Möglichkeit zum Abschied gibt. Der direkte Weg vom Krankenhaus ins Krematorium erzeugt oft Ängste und Schuldgefühle gegenüber Verstorbenen. In Vilsbiburg wurde der Ritus für die  Urnenbestattung bereits geändert. Der Sarg mit dem Verstorbenen bleibt bis zum Requiem im Trauerhaus. Nach dem Gottesdienst nehmen die Trauernden, statt am offenen Grab in der Aussegnungshalle endgültig Abschied. Genau wie bei der Erdbestattung wird der Sarg mit Weihwasser besprengt, bevor er ins Krematorium überführt wird.

 

Das Thema kirchliche Begräbnisfeier, Hilfe beim Abschiednehmen, überhaupt der Umgang mit dem Tod, beschäftigte die Anwesenden offensichtlich sehr, wie aus abschließenden Diskussion mit Dr. Holzschuh ersichtlich wurde. Die Seelsorger in den einzelnen Pfarreien sind immer bereit, im Trauerfall den Angehörigen hilfreich zur Seite zu stehen um gemeinsam ein würdevolles Bestattungsritual zu finden.

 

Evelyne Betz  -eb-